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- Archiv 2012 -

Diakon Wilfried Otto geht in Ruhestand

Fast 16 Jahre hat Wilfried Otto im Auftrag des "Guter Hirt" Arme beköstigt, Kleider an Bedürftige verteilt und Lebensmittel ausgegeben. Im Januar feiert er seinen 60. Geburtstag - und verabschiedet sich gleichzeitig in die passive Phase seiner Altersteilzeit. Sozialer Mittagstisch, Kleiderkammer und „Zweites Netz", die er in den vergangenen 16 Jahren zu mittelständischen Unternehmen ausgebaut hat, sollen auch weiterhin existieren. Auf Ottos Nachfolger Andreas Handzik kommt ein gewaltiger Berg Arbeit zu.
Wer mit Otto durch sein „Reich" geht, spürt die Präsenz dieses Mannes. Rund 75 Mitarbeiter, Angestellte der katholischen Kirche, Ein-Euro-Jobber oder auch Ehrenamtliche, hören auf sein Wort. Freundlich, aber bestimmt hat er die sozialen Einrichtungen der Kirchengemeinde in den vergangenen fünfzehneinhalb Jahren gesteuert. Dabei war am Anfang gar nicht klar, ob der Soziale Mittagstisch überhaupt eine Zukunft hat. Ottos Vorgänger, ein Pfarrer, hatte Kinder missbraucht und war von heute auf morgen versetzt worden. Otto erinnert sich noch heute daran, wie Bischof Josef Homeyer damals zu ihm nach Algermissen kam, um ihn zu bitten, die Aufgaben in Hildesheim zu übernehmen. „Weil meine Frau nicht wollte, dass ich den Job übernehme, saß er zwei Tage später noch einmal bei uns auf dem Sofa, um auch sie zu überreden." Die Ansage des Bischofs sei damals klar gewesen : Otto sollte herausfinden, ob die Einrichtung im Fahrenheitgebiet erhalten bleiben könne. Sollte sein Urteil negativ ausfallen, würde das Bistum den Sozialen Mittagstisch schließen. Doch es kam anders. „Was ich vorfand, war klein, beschaulich und schmutzig", sagt Otto in den deutlichen Worten, die er allenthalben zu benutzen pflegt. Der damalige Mittagstisch habe mit dem heutigen ohnehin nicht viel gemeinsam gehabt. „Damals wurden hier gerade einmal 25 Mittagessen ausgegeben", erzählt Otto. Der 59-Jährige ist ein zupackender Mensch. Er informierte Homeyer darüber, dass es weitergehen könne. Dann krempelte er die Ärmel hoch und stürzte sich in die Arbeit.
Heute haben Otto und seine Mitarbeiter jede Woche mit rund 750 Menschen zu tun. Allein 500 kommen zum „Zweiten Netz", um sich mit Lebensmitteln zu versorgen. Täglich bereiten die Mitarbeiter 70 Essen zu, die beim Sozialen Mittagstisch ausgegeben werden. Das „Unternehmen Otto" benötigt inzwischen fast eine halbe Million Euro, um alle anfallenden Aufgaben zu stemmen. „Das klingt gewaltig, aber es funktioniert nur, weil wir jedes Jahr 75.000,00 Euro Spenden bekommen", sagt der zweifache Familienvater.
All das, die Arbeit und Verantwortung, geht künftig auf Andreas Handzik über. Der 39-jährige Wolfsburger kennt Hildesheim gut. „Ich habe hier Religionspädagogik studiert", sagt er. Auf die Tätigkeit in der Kirchengemeinde und auch beim Sozialen Mittagstisch freut er sich schon. Dass er in die großen Fußstapfen von Wilfried Otto treten wird, macht ihm keine Angst. „Aber natürlich habe ich Respekt vor der kommenden Aufgabe“.