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- Archiv 2020 -

Eklat im Ortsrat Drispenstedt

Bericht in „Hildesheimer Allgemeine Zeitung
vom 24. September 2020 :

Eklat im Ortsrat Drispenstedt :
Politiker stellen ihre Arbeit ein

Der Ortsteil Drispenstedt hat bis auf Weiteres kein politisches Gremium mehr, das Beschlüsse fassen kann. Fast alle Ortsratsmitglieder erklärten während der Ortsratssitzung am Dienstagabend, dass sie ihre Mandate aus Protest gegen das Verhalten der Stadt vorerst ruhen lassen wollen. Der Vorwurf : Ganz gleich bei welchem Thema - etwa Fluglärm, Gewerbepark Nord oder Verkehr im Stadtteil - die Stadt interessiere sich nicht für die Belange Drispenstedts.
Allerdings zieht sich gleichzeitig ein Riss durch den Ortsrat, sogar mitten durch die Fraktionen. Während etwa die stellvertretende Ortsbürgermeisterin Kerstin Angermann, Roswitha Rothe und Sara Obornik ( alle SPD ) ihre Siebensachen packten und den Saal verließen, blieb ihr Parteikollege und Ortsbürgermeister Arne Heims im Saal. Auch Hartmut Steffen ( parteilos ) blieb. In einer Demokratie müsse man es aushalten, wenn mehrheitlich Entscheidungen getroffen würden, die sich nicht mit den eigenen Wünschen deckten, erklärte Steffen. „Ich werde mein Mandat weiter wahrnehmen."
Stadtbaurätin Andrea Döring, die am Ende mit Ortsratsbetreuer Nils Neuhäuser sowie Heims und Steffen allein im Saal zurückblieb, signalisierte Verständnis. „Aber das muss ich jetzt zunächst einmal verarbeiten, überdenken und innerhalb der Verwaltung erörtern", sagte sie. Das Rathaus kündigte am Mittwoch auf Anfrage der HAZ an, das Gespräch mit dem Ortsrat suchen zu wollen. Rechtlich gesehen sei es den Ortsratsmitgliedern aber nicht möglich, ihre Mitgliedschaft „ruhen" zu lassen. Eine Mitgliedschaft könne nur in einem einzigen Fall ruhend gestellt werden : Wenn gegen Abgeordnete wegen eines Verbrechens Klage erhoben wird. Die Abgeordneten hätten aber die Möglichkeit, ihr Mandat niederzulegen. Dann würden die jeweiligen Nachfolgenden der Liste das Mandat übernehmen.
Die Sitzung am Dienstag hatte zunächst den Charakter einer typischen Drispenstedter Ortsratssitzung. Für Özer Calisier ( SPD ), der weggezogen ist, rückte Franz Frankenberg ins Gremium nach, im Anschluss warb die Stadtbaurätin für die Zustimmung zum Aufstellungsbeschluss für den Gewerbepark Nord. Sie verwies auch darauf, dass sich die Stadt in Sachen dritter Autobahnanschluss jetzt mächtig ins Zeug lege, die federführende Planung vom Land übernommen und ein Ingenieurbüro beauftragt habe, mit Planungen zu beginnen. „Dort, wo er hinkommen soll, werden demnächst Vermessungsarbeiten beginnen", kündigte sie an. Eine Genehmigung liege freilich noch nicht vor.
Doch das, was eigentlich als Signal gedacht war, dass es bald losgehe, brachte den Ortsrat eher in Aufruhr. Mehrere Politiker kritisierten, dass sich die Stadt nicht an gegebene Zusagen halte und sich allgemein nicht für die Belange der Drispenstedter interessiere. Jürgen Köhn ( CDU ) forderte, dem Aufstellungsbeschluss die Zustimmung zu versagen - was der Ortsrat auch mit großer Mehrheit tat. Ganz ähnlich verhielt sich das Gremium beim geplanten Appell der Ortsräte der Nordstadt, Himmelsthürs und Drispenstedts zum Verkauf eines Hafengrundstücks für die Klärschlammverbrennungsanlage. Lediglich Steffen stimmte gegen den Appell, Andreas Paare ( parteilos ) und Heims enthielten sich.