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- Archiv 2021 -

CDU Drispenstedt stellt keine Kandidaten auf

Ortsverein will niemanden für Kommunalwahl nominieren

Wird der kommende Kommunalwahlkampf ganz ohne CDU-Kandidaten aus Drispenstedt auskommen müssen ?
Der Vorstand der Drispenstedter Christdemokraten hat beschlossen, weder für den Orts- noch den Stadtrat oder den Kreistag eigene Frauen oder Männer ins Rennen zu schicken.Hintergrund ist die Unzufriedenheit über die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung im Ortsrat, aber auch das Gefühl, auch von der eigenen Partei in den stadtweiten Gremien ausgebremst zu werden.
"Im Moment ist deshalb niemand von uns bereit, für ein Amt zu kandidieren", sagt Karl-Hermann Ruhland, Fraktionsvorsitzender der CDU im Drispenstedter Ortsrat.
An dieser Haltung hat auch ein Treffen des kompletten Ortsrats mit Oberbürgermeister Ingo Meyer am Freitag im Rathaus nichts geändert. Der OB nahm sich mehr als eine Stunde Zeit, um sich die Sorgen und Nöte der Drispenstedter anzuhören, um sich bei Dauerbrenner-Themen anzuhören, wo der Schuh besonders drückt. Im Ortsrat war es im September 2020 zum Eklat gekommen. Nahezu alle Ortsratsmitglieder hatten die vorerst letzte Sitzung verlassen und erklärt, sie wollten erst zu weiteren Sitzungen anrücken, wenn die Stadt ihre "Blockadehaltung" gegen die Drispenstedter Politik aufgebe. Das Gespräch im Rathaus war angesetzt worden, um hier zu vermitteln.
Meyer betont, dass das Drispenstedter Gremium keineswegs schlechter behandelt werde als alle anderen Ortsräte in der Stadt. Das Gespräch am Freitag habe er zudem als "konstruktiv und gut" empfunden. Das bestätigt auch SPD-Ortsbürgermeister Arne Heims. Meyer sei sehr interessiert gewesen.
"Es war ein sehr wertschätzendes Gespräch", findet Heims.
Wie es künftig mit der politischen Arbeit im Stadtteil weitergehen soll, weiß er trotzdem noch nicht.
"Wir werden auf jeden Fall einen großen Wechsel haben, weil viele nicht mehr weitermachen wollen", sagt er
Für sich selbst habe er noch nicht endgültig entschieden, ob er eine weitere Wahlperiode anstrebe. Er sei auch schon seit rund 20 Jahren dabei.
Genau so lange hält auch Jürgen Köhn ( CDU ) dem Gremium die Stange. Zehn Jahre saß er zudem im Stadtrat. Köhn war in der Vergangenheit immer so etwas wie das Zugpferd der CDU Drispenstedt. Allerdings setzte sich Heims beim letzten Rennen um den Posten als Ortsbürgermeister gegen ihn durch. Und bei der Wahl zum Stadtrat 2016 landete Köhn bei der Listenaufstellung lediglich auf Platz vier im Wahlbereich Ost - und verfehlte den Einzug in den Stadtrat damit. Köhn fühlt sich aus diesem Grund nicht nur von der Verwaltung in Drispenstedt, sondern darüber hinaus von seiner eigenen Partei nicht gut behandelt.
Hildesheims CDU-Chef Frank Wodsack will versuchen, seine Parteikollegen aus Drispenstedt doch noch umzustimmen.
"Wir werden versuchen, den Ortsverband zu motivieren, Kandidaten aufzustellen", sagt er.
Zumindest was den Stadtteil angehe, könne er den Unmut durchaus in Teilen verstehen. Was die Unterstützung der Partei auf Stadtebene angehe, habe er hingegen schon das Gefühl, an der Seite der Drispenstedter zu stehen. Als Beispiel nennt er das Thema "Klärschlammverbrennung", bei dem die Rats-CDU den Kollegen aus Drispenstedt beigestanden hätte.
Wodsack will den Drispenstedter Ortsverband jetzt zu einem Austausch einladen.
"Ich werde alles daran setzen, dass wir Kandidaten für den Orts- und Stadtrat sowie den Kreistag finden", sagt er.
Das sei auch wichtig für das Bild der CDU nach außen.

Am 07.05.2021 veröffentlichte die Hildesheimer Allgemeine Zeitung ( HAZ ) zu diesem Thema den folgenden Leserbrief von Hans Kunze, ehemaliger Drispenstedter Ortsbürgermeister und CDU-Ortsverbandsvorsitzender :

Das kann nicht das letzte Wort gewesen sein. Selbstverständlich muss der CDU-Ortsverband Drispenstedt eine Ortsratsliste aufstellen. Wen sollen denn die bisherigen und hoffentlich auch künftigen CDU-Wähler sonst ankreuzen ? Ich fürchte, dass dann eine Partei in die Lücke stoßen könnte, die wir alle nicht im Ortsrat haben wollen.
Wenn die bisherigen Ortsratsmitglieder, die ja alle schon etliche Jahre dabei sind und deren Frust ich aus eigener Erfahrung durchaus nachvollziehen kann, sich nicht mehr zur Verfügung stellen wollen, dann muss eben die nächste Generation antreten. Es ist daher eine zwingende Aufgabe des Ortsverbandes, sehr schnell geeignete Kandidaten, die nicht unbedingt Parteimitglieder sein müssen, für eine Kandidatur zu finden.
Drispenstedt hat den großen Nachteil, dass es nur selten einen Kandidaten in den Stadtrat durchbringen kann. Das liegt an der Beschaffenheit des Wahlbezirks, zu dem die Oststadt, Drispenstedt und die eingemeindeten Dörfer Achtum, Einum und Bavenstedt gehören.
Dabei ist es gerade für diesen Ortsteil so wichtig, einen starken und einflussreichen Vertreter im Rat zu haben. Denn Drispenstedt ist gegenüber anderen Stadtteilen nicht nur von der Lage her benachteiligt. Daneben gibt es auch durch die soziale Struktur des Ortsteils zahlreiche Probleme. Die Mitglieder des Ortsrats versuchen, Verbesserungen für die Bürger zu erreichen. Sie haben aber, wie auch ich aus zahlreichen Gesprächen entnehmen konnte, zunehmend das Gefühl, von den Ratsgremien und der Verwaltung nicht hinreichend zur Kenntnis genommen, ja geradezu abgeblockt zu werden.
Ich kann nicht beurteilen, ob dieser Eindruck in allen Punkten berechtigt ist. Auf jeden Fall aber sind klärende Gespräche zwischen allen Beteiligten dringend notwendig.